Selbstvertretung wohnungsloser MenschenLogo Selbstvertretung 2019

Kundgebung
Mittwoch, 29.01.2020, 18:00 – 22:00 Uhr,
vor dem Roten Rathaus, Berlin

Wohnungen statt Zählungen!

Kommt alle zur Kundgebung und Mahnwache anlässlich der sogenannten „Nacht der Solidarität“/ Obdachlosenzählung. Wohnungslose Menschen und Sympathisant*innen werden auf dieser Kundgebung ihre Kritik an der Zählung vortragen und darlegen was aus ihrer Sicht getan werden muss. Zeitgleich finden zwei Protestmahnwachen vom Wohnungslosenparlament in Gründung ebenfalls vor dem Roten Rathaus sowie vor dem Reichstag statt. Mit diesen erklären wir uns solidarisch.

Pressekontakt:
Stefan Schneider +49 177 7847337

Position der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen zur „Nacht der Solidarität“ vom 29. auf den 30. Januar 2020 in Berlin

  1. Aus Sicht von wohnungslosen Menschen ist die Zählung bedrohlich. Fremde Menschen in Gruppen durchstreifen den öffentlichen Raum und sprechen beliebig Menschen an, die sie für obdachlos halten.

  2. Es ist für Menschen, die auf der Straße leben, ein würdeloser Vorgang, gezählt zu werden, ohne dass die Situation grundlegend verändert wird.

  3. Der Nutzen der Zählung ist für wohnungslose Menschen nicht erkennbar.

    - unauffällige obdachlose Menschen werden gar nicht erkannt.
    - Menschen werden aufgrund von Zuschreibungen und Wertungen als obdachlos eingestuft, obwohl sie gar nicht obdachlos sind.
    - jemand, der nicht gezählt werden will, wird sich der Zählung entziehen
    - Menschen, die sich in Parks, Dachböden, Kellern, Kleingartenanlagen, im Wald usw. aufhalten, werden auch gar nicht erfasst.
    - wir befürchten, dass die verschiedenen Teilgruppen obdachloser Menschen gegeneinander ausgespielt werden sollen, z.B. Menschen aus anderen Ländern und Menschen ohne Papiere, Leistungsansprüche usw.

  4. Der Senat beschränkt seine Zählung selbst, in dem er festlegt: „Wir gehen nicht in die Parks, wir gefährden uns nicht selbst“. Das bestätigt unser Argument, dass die Zählung als Bedrohung angesehen wird.

  5. Wir bezweifeln, dass die Zählung überhaupt den gewünschten Erfolg haben wird.

  6. „Steuerung der Unterbringung wohnungsloser Menschen“ - mit dieser menschenverachtenden Formulierung begründet der Senat seine Zählung. Die Zählung hat eine Alibi-Funktion, Tiere werden gezählt – Menschen muss geholfen werden. Im Fall von wohnungslosen Menschen muss das eine Wohnung sein.

  7. Die Wohnungspolitik des Senats ist mit verantwortlich für die erhebliche Zunahme der Wohnungsnot und Obdachlosigkeit. Jeden Tag werden in Berlin einzelne Menschen und Familien zwangsgeräumt. Und für Menschen ohne Wohnung ist es gegenwärtig nahezu aussichtslos, eine eigene und bezahlbare Wohnung finden zu können.

  8. Wir können nicht erkennen, dass der Senat auf Grundlage der Zählung bezahlbare und menschenwürdige Wohnungen schaffen bauen oder erwerben wird.

  9. Die Menschen von der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen wollen ihren Beitrag leisten zur Überwindung von Wohnungslosigkeit, Wohnungsnot und Hilflosigkeit. Statt auszuschwärmen und die Stadt zu durchsuchen, wäre es sinnvoller, einladende Anlaufpunkte zu schaffen, in denen obdachlose Menschen freiwillig ihre Bedarfe und Wünsche und Vorstellungen äußern können. Öffentliche Orte, an denen das möglich wäre, gibt es in Berlin genug, wie z.B. Schulen, Bibliotheken, Rathäuser.

  10. In dem 5 Punkte Programm aus dem Jahr 2018 hat die Selbstvertretung angeboten und vorgeschlagen, dass sich wohnungslose Menschen aktiv in den Wohnungsbau einbringen wollen, sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung.

  11. Grundsätzlich wichtig und richtig, dass das Problem eine hohe Aufmerksamkeit bekommt, dass etwas zur unmittelbaren Hilfe für obdachlose Menschen getan wird und dass die Aufgabe der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen für wohnungslose Menschen in Angriff genommen wird. Allerdings haben wir – wie oben genannt – erhebliche Zweifel, ob eine Zählung der richtige Weg ist.

  12. Wir laden ein während der Nacht der Solidarität zu einer Kundgebung und Mahnwache vor dem Roten Rathaus in Berlin.
    Wir laden die Berliner Bevölkerung dazu ein, sich mit Schlafsäcken, Decken und Isomatten an unserer Kundgebund zu beteiligen.
    Wir möchten mit allen über unsere Sichtweise ins Gespräch kommen.
    Wir werden allen obdachlosen Menschen gedenken, die auf der Straße verstorben sind.
Joomla templates by a4joomla